Zutaten für eine Finanzkrise – Verbriefung ist zurück

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Eine Wiederbelebung der synthetischen Verbriefung, wie derzeit von der Europäischen Bankenaufsicht geplant, könnte das finanzielle systemische Risiko stark erhöhen.

Hinweis: Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der Frankfurter Rundschau Kolumne „Gastwirtschaft“.

Bildrechte: © AFP

Wenn es eine Finanztechnik gibt, die in der letzten Finanzkrise traurige Berühmtheit erlangte, dann ist es die Verbriefung: Dabei werden verschiedene Forderungen, zum Beispiel Kreditverträge, gebündelt, in handelsfähige Wertpapiere umgewandelt und am Kapitalmarkt platziert.

Eine besonders gefährliche Form ist die synthetische Verbriefung: Hier werden nicht die Kredite an sich, sondern nur die Kreditrisiken weitergereicht. Dies geschieht mit Hilfe von Kreditderivaten, die rechtlich und finanziell hoch komplex sind und von Aufsichtsbehörden nicht in Echtzeit überwacht werden können. Synthetische Verbriefungen beschleunigen und verstärken erwiesenermaßen Finanzkrisen und gefährden letztlich die Finanzstabilität.

Auch die Wirtschaft im Großen und Ganzen sowie speziell die Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) zieht keinen nennenswerten Nutzen daraus: Denn gerade jene Banken, die vorwiegend im KMU-Kreditgeschäft tätig sind, strukturieren heutzutage entweder gar nicht oder nur sehr geringfügig synthetische Verbriefungstransaktionen.

Wie kann es also sein, dass die Europäische Bankenaufsicht derzeit über die Schaffung eines Rahmens für eine „einfache, transparente und standardisierte“ synthetische Verbriefung nachdenkt? Zumal es ein Widerspruch in sich ist, da synthetische Verbriefung immer komplex, maßgeschneidert und nie standardisiert ist.

Schaut man sich das Diskussionspapier der Bankenaufseher genauer an, findet man dort den Vorschlag, dass Banken synthetische Verbriefungen für die Arbitrage der Eigenkapitalanforderungen nutzen könnten, wie sie unter anderem durch die Basel-III-Vorschriften geregelt sind. Mit anderen Worten, die Umgehung von Eigenkapitalvorschriften ist ein wesentliches Motiv für die Förderung der synthetischen Verbriefung.

Bankenlobbyisten werden weiter ordentlich Druck machen, damit die Europäische Kommission womöglich schon im kommenden Jahr einen entsprechenden Gesetzesvorschlag vorlegt. Sollten Politiker sich dann tatsächlich dafür entscheiden, synthetische Verbriefungen zu fördern, würden sie sich eine große Verantwortung aufladen: Sie würden die Bedingungen wiederherstellen, die die letzte große Finanzkrise ermöglicht haben.

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Benoit Lallemand

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Über den/die Verfasser*in

Benoît Lallemand ist Generalsekretär von Finance Watch. Er kümmert sich um Strategie, Fundraising und vertritt die Organisation in der Öffentlichkeit.

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